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Bundesgerichtshof – Mündliche Verhandlung am 14. Mai 2020

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Nr. 010/2020

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt am 14. Mai 2020 über eine weitere – zweite – Honorarklage, bei der in der Folge des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 4. Juli 2019 (C-377/17) die Anwendung der in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgeschriebenen Mindestsätze im Streit steht (vgl. hierzu bereits Pressemitteilung Nr. 159/2019 vom 12. Dezember 2019).

Aufgrund des vorgenannten, in einem von der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland geführten Vertragsverletzungsverfahren ergangenen Urteils, wonach die Bundesrepublik durch die Beibehaltung verbindlicher Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, hat sich eine divergierende Instanzrechtsprechung zu der Frage entwickelt, ob die vom EuGH getroffene Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit des zwingenden Preisrechts der HOAI in einem laufenden Zivilrechtsstreit zwischen einem Architekten bzw. Ingenieur und seinem Auftraggeber unmittelbar zu beachten ist.

Hierzu steht am 14. Mai 2020 vor dem VII. Zivilsenat bereits die mündliche Verhandlung über die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Juli 2019 – 21 U 24/18; Az. der Revision VII ZR 174/19 – an (Pressemitteilung Nr. 159/2019 vom 12. Dezember 2019). Das Oberlandesgericht Hamm hat die Auffassung vertreten, die maßgeblichen Bestimmungen der HOAI, auch zum Mindestpreischarakter, seien im Streitfall ungeachtet der Entscheidung des EuGH weiterhin anwendbar. Im Gegensatz hierzu hat das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 14. August 2019 – 14 U 198/18; Az. der Revision VII ZR 205/19) entschieden, dass die Parteien sich im laufenden Rechtsstreit infolge des EuGH-Urteils nicht mehr auf die Mindest- und Höchstsätze der HOAI berufen könnten. Über die Revision gegen diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle soll gemeinsam mit derjenigen gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm mündlich verhandelt werden.

Der 7. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin hat sich mit Urteil vom 13. September 2019 – 7 U 87/18; Az. der Revision VII ZR 229/19 – der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle angeschlossen. Über die Terminierung dieses (dritten) Revisionsverfahrens wird zu einem späteren Zeitpunkt, nach Eingang der zur Zeit noch ausstehenden Rechtsmittelbegründung, befunden werden.

Sachverhalt:

In dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 14. August 2019 zugrundeliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin, ein gemeinnütziges Unternehmen, gegen die Beklagten Honorarnachforderungen für die Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen im Zusammenhang mit Konzeption und Errichtung einer Biogasanlage geltend. Die Parteien hatten in den Jahren 2010 bis 2012 fünf Architekten- und Ingenieurverträge geschlossen, aus denen sich eine vereinbarte Pauschalvergütung der Klägerin in Höhe von 80.195,49 € netto ergab. Nach Abschluss des Bauvorhabens rechnete die Klägerin ihre Leistungen mit 75.550,04 € netto (89.104,55 € brutto) ab; dieser Betrag wurde von den Beklagten gezahlt. Ende 2016 machte die Klägerin eine von ihr zunächst mit insgesamt 638.160,01 € brutto bezifferte Nachforderung mit der Begründung geltend, die geschlossenen Verträge und deren ursprüngliche Abrechnung unterschritten in unzulässiger Weise die Mindestsätze der HOAI (Fassung 2009). Auf der Grundlage eines von ihr vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens hat die Klägerin schließlich unter Berücksichtigung von Nebenkosten, Umsatzsteuer und des von den Beklagten bereits gezahlten Betrages die ihres Erachtens noch offene Honorarforderung mit 441.004,89 € brutto errechnet und insoweit Zahlungsklage gegen die Beklagten erhoben.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.

Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung unter anderem in BauR 2019, 1957 veröffentlicht ist, hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass die Pauschalhonorarvereinbarungen unwirksam seien und ihr eine Nachforderung in der geltend gemachten Höhe zustehe. Jedenfalls stehe der Honorarnachforderung der Einwand der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) entgegen. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau aller Umstände, bei der der vom EuGH festgestellten Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze der HOAI besondere Bedeutung zukomme. Mit dem Urteil des EuGH vom 4. Juli 2019 sei die Verbindlichkeit des in der HOAI geregelten Preisrechts hinfällig geworden. Die Gerichte seien auch in laufenden Verfahren verpflichtet, ab sofort die für unionsrechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Bei seiner unionsrechtskonformen Auslegung sehe sich das Oberlandesgericht Celle nicht den Schranken unterworfen, die das Oberlandesgericht Hamm in seiner gegenläufigen Rechtsprechung aufgeführt habe.

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