Die Turbulenzen am Bankenmarkt bleiben nicht ohne Folgen: Durch die nun noch restriktivere Kreditvergabe der Banken dürften mehr Unternehmen in Schwierigkeiten geraten als noch zu Jahresbeginn erwartet. Der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade hat daher in seiner jüngsten Insolvenzstudie die Prognose angepasst. Allianz Trade erwartet in Deutschland für 2023 nun einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 22 Prozent (bisher 15 Prozent). Das sind rund 17.800 Fälle und damit etwa 800 mehr als ursprünglich erwartet – aber weiterhin fünf Prozent unter dem Niveau von vor der Pandemie.
Deutschland folge mit dieser Entwicklung dem weltweiten Trend: Bei den globalen Insolvenzen rechnet Allianz Trade mit einem Anstieg um 21 Prozent. „Eine Pleitewelle ist das weiterhin nicht, auch wenn ein zweistelliger Zuwachs zunächst den Anschein erweckt. Die Fallzahlen in Deutschland waren zuletzt jedoch auf historisch niedrigem Niveau“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Selbst Ende 2023 dürfte Deutschland das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht haben. Dies dürfte erst nach einer weiteren Zunahme der Insolvenzen um sechs Prozent im Jahr 2024 wieder leicht überschritten werden.“
Zwar hätten sich die wirtschaftlichen Erwartungen zuletzt etwas aufgehellt. Die Allianz Trade-Experten gehen mit einem Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um minus 0,1 Prozent jedoch weiterhin von einer leichten Rezession für 2023 aus im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig hätten sich aber die finanziellen Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert. „Die Bankenturbulenzen hinterlassen ihre Spuren auch in Deutschland“, sagt Bogaerts. „Mit den deutlich steigenden Zinsen laufen eher schwach finanzierte Unternehmen Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten. Hinzu kommen zahlreiche weitere Unsicherheiten. Mit den Turbulenzen am Bankenmarkt sind Kreditinstitute nun noch vorsichtiger geworden und restriktiver bei der Vergabe von Krediten. Das kommt für einige Unternehmen zur Unzeit, denn es werden zunehmend KfW-Kredite aus der Pandemie fällig, die die Unternehmen zurückzahlen oder refinanzieren müssen. Nicht alle haben dafür den notwendigen Puffer. Deshalb gehen wir 2023 von etwas mehr Insolvenzen aus als bisher.“ Hinzu komme die Verschlechterung der Profitabilität von Unternehmen. Sie kämpften mit höheren Energiepreisen, die sich aufgrund der langfristigen Kontrakte erst ab diesem Jahr sukzessive auf die Bilanzen durchschlagen. Die steigenden Kosten beim Wareneinsatz sowie bei den Löhnen belasteten die Profitabilität zusätzlich.
Deutschland stehe allerdings nicht alleine da mit diesem Trend, sondern folge der globalen Entwicklung. Weltweit erwartet der Warenkreditversicherer einen Zuwachs bei den Pleiten um 21 Prozent. Und auch weltweit dürfte das Insolvenzniveau von 2019 in diesem Jahr nicht erreicht werden. Nach einem weiteren erwarteten Zuwachs um vier Prozent im Jahr 2024 dürfte sich das Insolvenzgeschehen erst dann weitestgehend normalisiert haben. In Europa ist die Insolvenzdynamik mit einem erwarteten Zuwachs bei den Pleiten um rund 24 Prozent ausgeprägter als im weltweiten Durchschnitt. Das liegt vor allem an den stark zunehmenden Insolvenzen in den Niederlanden (plus 52 Prozent), Frankreich (plus 41 Prozent), Irland (plus 30 Prozent) und Italien (plus 25 Prozent). (DFPA/mb1)
Unter dem Markennamen Allianz Trade werden verschiedene Dienstleistungen von Euler Hermes SA angeboten. Euler Hermes ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft und gehört seit dem Jahr 2018 vollständig zur Allianz-Gruppe.